|
|||||||||||
Der Dualismus zwischen Kunst und Wissenschaft, der mit solchen Gegenüberstellungen wie Irrationalität gegen Rationalität oder Subjektivität gegen Objektivität immer wieder gern beschworen und als schlichte Denkform schön griffig gemacht wird, erweist sich spätestens seit den postmodernen Theoriediskursen als definitiv nicht mehr haltbar. Aufgrund wachsender Komplexität zunehmend in Grenzfragen verstrickt, begegnen sich beide Systeme auf gemeinsamen Feldern wie den Medien, der Technologie, der Hirnforschung, der Quantenmechanik und natürlich den Kunst- und Kulturwissenschaften. Der Stellenwert, den etwa Spekulation, Deutung, Exploration, Intuition, Assoziation, Improvisation und Imagination als einst eher der Kunst zugeschriebene Einbildungskräfte inzwischen in den Wissenschaften haben, führt heute zu einem radikal veränderten Wissensbegriff. Dieser stellt für alle Lebensbereiche aber gerade auch für die Wissenschaften selbst eine große Herausforderung dar: In den Naturwissenschaften rütteln Phänomene aus der Quantenmechanik am Fundament der bisherigen Weltvorstellungen, am Einsteinschen Universum, an der absoluten Grenze des Lichts. Schwarze Löcher, Energiefalten im Kosmos oder die Überlichtgeschwindigkeit zeigen nicht nur dem Vorstellungsvermögen, sondern gerade auch dem Wissen Grenzen auf. In den Geisteswissenschaften werden Gewissheiten zu widerlegbaren Wahrscheinlichkeiten. Die ständige Relativierung der Rationalität erschüttert die Hoffnungen auf die Kraft aufklärender Vernunft zutiefst und erzeugt ein Vakuum, in dem das rein ökonomische oder das persönliche Belieben beherrschend zu werden drohen. Also: Zertrümmern und aus der Asche emporsteigen, retten, was zu retten ist, oder rette sich, wer kann? Trennendes und Gemeinsames markieren oder den Machtkampf der Systeme führen – und obsiegen? Spitzwegsche Künstlerromantik oder Zukunftslabor mit allen Schikanen? Kunst als Dekoration oder visionäres Aufschreibsystem? Sind Logos und Eidetis im Rückgriff auf die griechische Tradition in der "techne" wiederzuvereinen - und was heute? Gerade in der Kunst, der das Spiel mit der Instabilität des Wissens vertraut ist, bestehen Interesse und Fähigkeiten, mit fehlenden Gewissheiten produktiv umzugehen. In der Veranstaltungsreihe "querdurch" an der Hamburger Hochschule für bildende Künste werden solche Fragen aufgeworfen, etwa wie ein revidierter Begriff des Wissens zu schaffen und zu verhandeln sei, in dem sich die Künste als auch die Wissenschaften einbringen und ihre Geltung wieder finden könnten. Dabei geht es für die Institution ums Ganze – um die Identität und die Positionierung einer künstlerisch-wissenschaftlichen Hochschule, ihres Lehrens, Lernens und Forschens, ihres Alltags jenseits zunehmender Kulturfeindlichkeit und abnehmender gesellschaftlicher Bedeutung. |